- Joanna C. Schröder
"Ich bin die schwarze Heldin eines Sofia Coppola Filmes."
Updated: Nov 6, 2019
Nicht nur in Deutschland leben Menschen zwischen den Kulturen. Welche Erfahrungen machen Menschen mit Migrationshintergrund in Frankreich, Tunesien, den Niederlanden? Die Rubrik "Ausländer" blickt über die Landesgrenzen hinaus.

Poesie und Illustrationen der Pariser Künstlerin Anne-Laure Ganga

das kleine weiße kleid
es ist sommer in Paris.
mitten im monat juli. ich
trage ein weißes kleid.
und betrachte mich
im spiegel. das weiße
sieht so gut aus auf
der schwarzen haut.
es ist als wären sie
füreinander bestimmt. ich
betrachte mich im spiegel.
meine schwarzen
augen, tief und
melancholisch. meine
lippen, voll und juvenil.
ich bin die schwarze heldin
eines Sofia Coppola
filmes. ich will den wind in
meinen haare spüren.
mein weißes langes kleid
tragen und damit ein
baumwollfeld verlassen.
die spitze und das
makramee verschönern
meine haut. karamell in der
sommersonne.

schau in den spiegel, was
siehst du? einen
panther? eine gazelle?
ich sehe eine frau. weich
wie ein schäfchen.
vibrierend wie ein
Vlisco. ich sehe einen engel.
weich und luftig. eine
millionen schwarze locken
auf meinem kopf. wie eine million fragezeichen.
ich laufe auf die öffnung
meiner haltestelle zu.
mein kleid, wirbelnd in der
warmen und knisternde luft
der pariser metro. ich
betrachte mich in der
fensterscheibe. das
weiße sieht so gut aus auf
der schwarzen haut.
es ist als wären sie
füreinander bestimmt.



(original)
la petite robe blanche
c’est l’ete a Paris. plein
mois de juillet. je porte
une robe blanche. je me
regarde dans le miroir. le
blanc va si bien à la
peau noire. ils sont faits
l’un pour l’autre. je me
regarde dans le miroir.
mes yeux noirs,
profonds et
mélancoliques. mes
lèvres charnues et
juvéniles. je suis

l'héroïne d’un Sofia
Coppola négroïde. je
veux sentir le vent dans
mes cheveux. porter ma
longue robe blanche et
sortir d’un champ de
coton. la dentelle et le
macrame sublimant ma
peau. caramélisée par le
doux soleil d’été.

regarde dans le miroir,
que vois-tu? une
panthère? une gazelle?
je vois une femme.
douce comme agneau.
vibrante comme un
Vlisco. je vois un ange.
fragile et ethéré. un
million de boucles noires
au-dessus de sa tête.
comme un million de
points d’interrogations.

je marche vers la
bouche de ma station.
ma robe immaculée
virevoltant au gré de l’air
chaud et croustillant du
métro parisien. je me
regarde dans la vitre. le
blanc va si bien à la
peau noire. ils sont faits
l’un pour l’autre.

Über die Künstlerin Anne-Laure Ganga ist als Tochter kongolesischer Eltern in Paris aufgewachsen. In ihrem Kunststudium an der Sorbonne hat sich die 27-Jährige auf den weiblichen Körper, Haut und Fetischismus fokussiert. Gangas Illustrationen und Gedichte erzählen von ihren Erfahrungen mit Liebesbeziehungen, Depressionen und dem Körper im Bezug zum Raum. Dabei kombiniert sie das Persönliche mit gesellschaftlich relevanten Themen wie die Vorherrschaft eurozentrischer Schönheitsideale. Ihr künstlerisches Universum nennt Ganga „Bandits femelles“ (weibliche Form von Bandit), weil sie viele mit sich kämpfende Frauen in sich trage.